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09.05.2017, 01:44 Uhr
Senioren-Union besucht Hohenasperg und Ausstellung „Ein deutsches Gefängnis“
Ein Ausflug in die Geschichte Württembergs der Senioren-Union der CDU Stadtverband Ludwigsburg und Umgebung


Die Festung Hohenasperg war das Ziel der Senioren Union Kreis Ludwigsburg. Höchst authentisch und sachkundig führte Ministerialrat a.D. Wolfram Müller in geschichtliche Details zum württembergischen „Schicksalsberg“ ein. Wolfram Müller war von 1978 bis 1986 Vollzugsleiter der Krankenhaus-Justizvollzugsanstalt Hohenasperg mit dem Aufgabenbereich Sicherheit und Ordnung und hat sich darüber hinaus aus persönlichem Interesse mit der ehemaligen Landesfestung des Herzogtums Württemberg und ihrer wechselvollen Historie beschäftigt. Nicht zuletzt dank dieser guten Beziehungen durfte die Gruppe nun die normalerweise verschlossenen Kasematten der Festung betreten und sich einen Einblick in die für damalige Zeiten durchaus wirkungsvollen Verteidigungsanlagen verschaffen. Ebenso öffnete sich die Tür in das alte Wachlokal im Schubart-Turm, das als „Schubart-Zelle“ ausgegeben wird. Tatsächlich war der Dichter, Komponist und Journalist Christian Friedrich Daniel Schubart ein Stockwerk tiefer eingekerkert – in einem sicher ebenso unwirtlichen Raum, der heute nicht mehr zugänglich ist.

Fotos: Elke Meller Senioren-Union Leonberg

Eine intensive, nachdenklich stimmende Geschichtsstunde bot die anschließende Führung durch das Museum im ehemaligen Arsenalgebäude. Dort ist an historischem Ort eine vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg inszenierte Ausstellung „Hohenasperg – ein deutsches Gefängnis“ zu besichtigen, die beispielhaft das Leben von 23 Häftlingen aus drei Jahrhunderten zeigt.

 

Die Historikerin Dr. Silke Knappenberger-Jans ließ mit ihren anschaulichen Erläuterungen die aus unserer heutigen Sicht mehr als grausamen und willkürlichen Justizmethoden lebendig werden, die Menschen mit einer beim jeweiligen Herrscher bzw. dessen Regierungssystem nicht willkommenen Gesinnung zum Verhängnis wurden. Der Hohenasperg, seit dem 18. Jahrhundert anfangs ein Gefängnis für in Ungnade gefallene privilegierte Adlige, füllte sich bald mit unliebsamen, politisch unerwünschten Intellektuellen und gescheiterten Revolutionären.

 

Der journalistisch aktive, die Verhältnisse seiner Zeit kritisch-fortschrittlich kommentierende Schubart ist sicher auch über Württembergs Grenzen hinaus der bekannteste politische Gefangene. Von 1777 bis 1787 war er inhaftiert und musste sich einer heftigen Gedankenbeugung – wir würden es heute Gehirnwäsche nennen – unterziehen. Schubart verließ die Haftanstalt als gebrochener Mann und starb vier Jahre später.

 

Im 20. Jahrhundert waren der ehemalige württembergische Staatspräsident Eugen Bolz sowie der Kommunist Walter Häbich prominente Insassen des Hohenasperg. In jüngster Zeit war der im Stuttgarter Raum bekannte „Remstal-Rebell“ Helmut Palmer Patient im psychiatrischen Vollzugskrankenhaus.

 

Nach so viel düsteren Rückblicken in tragische Schicksale und Rechtssysteme, die wir in den größten Teilen Europas glücklicherweise überwunden haben, war ein Spaziergang in der Nachmittagssonne entlang der Festungsanlage mit weiten Ausblicken auf die Landschaft eine kleine Erholung. Ein herzliches Dankeschön an die Organisatoren und die fachkundigen Führer, die der Gruppe mit hohem Einfühlungsvermögen für das anspruchsvolle und aufrüttelnde Thema viel interessantes Wissen vermittelt haben. 

 

Reinhild Berger

Senioren-Union der CDU Stadtverband Ludwigsburg und Umgebung